Abfindung bei krankheitsbedingter Kündigung: Infos für Arbeitnehmer

Viele Arbeitnehmer glauben fälschlicherweise, dass Kündigungen während einer Krankheitsphase bzw. aufgrund einer Erkrankung nicht möglich sind. In unserem Artikel informieren wir Sie über die Fälle, in denen eine krankheitsbedingte Kündigung möglich ist. Außerdem werfen wir einen Blick auf die Chancen, eine Abfindung zu bekommen und weisen auf weitere mögliche Konsequenzen hin.

Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, ohne vorherige Abmahnung eine krankheitsbedingte Kündigung auszusprechen. Gemäß Kündigungsschutzgesetz und aktueller Rechtsauffassung kommen folgende Szenarien in Betracht:

  • Häufige Kurzerkrankungen: Bis zu 30 Tage pro Jahr muss der Arbeitgeber hinnehmen – nicht jedoch bei mehreren Jahren in Folge.
  • Dauerhafte Krankheit: Erkrankung ohne Aussicht auf Besserung, die möglicherweise zu einer Berufsunfähigkeit führt.
  • Lange Krankheit: In diesem Fall besteht zwar eine Chance auf völlige Genesung, der Arbeitgeber möchte die Situation trotz dessen nicht länger hinnehmen.
  • Andauernde Leistungsminderung durch Krankheit: Die Leistungsfähigkeit ist dauerhaft eingeschränkt, auch wenn der Arbeitgeber einen alternativen Arbeitsplatz anbietet.

Damit die Kündigung wirksam wird, muss der Arbeitgeber die folgenden Punkte glaubhaft darlegen:

  1. Eine Gesundheitsprognose
  2. Bei negativem Ergebnis: Darlegung der erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen oder wirtschaftlichen Interessen
  3. Prüfung eines alternativen Arbeitsplatzes im Betrieb – Interessenabwägung

Bei Kleinbetrieben und in der Probezeit

Das Kündigungsschutzgesetz greift nicht bei Kleinbetrieben mit bis zu zehn Mitarbeitern und bei weniger als sechs Monaten Betriebszugehörigkeit.

Eine Kündigung aufgrund einer Krankheit kann aus folgenden Gründen trotzdem unwirksam sein:

  • Formfehler
  • Sittenwidrigkeit
  • Verstoß gegen Treu und Glauben
  • Verstoß gegen das Maßregelungsverbot
  • Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz

Bei der Betriebsgröße ist auf Folgendes zu achten:

Der Schwellenwert wurde zum 01.01.2004 von fünf auf zehn Mitarbeiter angehoben. Bestand das Arbeitsverhältnis bereits vor diesem Stichtag, greift das Kündigungsschutzgesetz ab einer Mitarbeiterzahl von 5,25.

Die Zahl der Mitarbeiter (ohne Auszubildende) wird wie folgt ermittelt:

  • Gezählt werden Mitarbeiter, leitende Angestellte und Leiharbeitnehmer, die i.d.R. den Mitarbeiterstamm verstärken.
  • Teilzeitkräfte werden anteilig gezählt: o Bis 20 Wochenstunden = 0,5, 2o Bis 30 Wochenstunden = 0,75, über 30 Wochenstunden = 1,0

Maßgeblich sind im Zweifelsfall die tatsächlich regelmäßig abgeleisteten Arbeitsstunden.

Abfindung bei krankheitsbedingter Kündigung

Grundsätzlich besteht nur Anspruch auf eine Abfindung bei entsprechender Regelung im Tarif- oder Arbeitsvertrag. Alles andere ist Verhandlungssache oder wird vom Arbeitsgericht entschieden.

Einschätzung der Chancen:

  • Im Bereich des Kündigungsschutzgesetzes ist eine Abfindung umso mehr wahrscheinlich, je weniger eindeutig der Arbeitgeber einen der oben beschriebenen Fälle nachweisen kann.
  • Im Kleinbetrieb erhöht eine lange Betriebszugehörigkeit die Erfolgsaussichten einer Klage beim Arbeitsgericht.
  • Ist die Kündigung unwirksam, wird der Arbeitgeber trotzdem das Arbeitsverhältnis beenden wollen. Hier sind die Erfolgsaussichten besonders gut.

Ungefähre Höhe der Abfindung:

Als Regelabfindung gilt ein halbes Monatsgehalt pro Jahr Betriebszugehörigkeit. Einmalzahlungen wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und Erfolgsbeteiligungen werden anteilig berücksichtigt.

Bei schwacher Verhandlungsposition des Arbeitgebers kann ein ganzes Monatsgehalt oder mehr erreicht werden. Dies gilt insbesondere für den Personenkreis mit Sonderkündigungsrecht.

Strategien für eine möglichst hohe Abfindung:

  • Bei drohender Kündigung ist es ratsam, rechtzeitig den Betriebsrat und/oder juristischen Beistand hinzuzuziehen.
  • Eine Kündigungsschutzklage führt in vielen Fällen zu einer gütlichen Einigung mit Abfindungszahlung. Spätestens drei Wochen nach Erhalt der Kündigung muss die Klage eingereicht werden.
  • Sammeln Sie „Munition“. Auch im Kleinbetrieb gelten die Arbeitsstättenverordnung, das Arbeitszeitgesetz und die Datenschutzgrundverordnung. Werden Sie unbequem und stärken Sie Ihre Verhandlungsposition.

Verzicht auf Kündigungsschutzklage …

Der Arbeitgeber kann im Kündigungsschreiben eine Abfindung in Aussicht stellen. Verzichten Sie auf die Klage, steht Ihnen die Abfindung zu (gilt nicht in Kleinbetrieben).

Auswirkung der Abfindung auf Krankengeld oder andere Sozialleistungen

Die Abfindung hat keine Auswirkung auf das Krankengeld oder Leistungen der Rentenversicherungsträger, wird jedoch als Vermögen voll auf das Arbeitslosengeld II angerechnet.

Wird die Kündigungsfrist nicht eingehalten, ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld I. Je nach Alter und Betriebszugehörigkeit fällt die Sperrzeit geringer aus als die Restlaufzeit der Kündigungsfrist.

Seit dem 01.08.2017 besteht Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung ab Beginn der Sperrfrist. Ausnahme: Die Meldung zur Arbeitslosigkeit erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt.

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