Corona-Warn-App: Arbeitsrechtliche Fragestellungen

Seit Mitte Juni kann die Corona-Warn-App des Robert-Koch-Instituts heruntergeladen werden. Schon im Vorfeld war klar, dass die App nur dann bei der Bekämpfung der Pandemie helfen kann, wenn sie von vielen Menschen installiert (und aktiviert) wird.

Statistische Daten

Die aktuellen Zahlen (Stand: 9. Juli 2020) sind ermutigend. 15,4 Millionen Downloads auf Android- und iOS-Smartphones wurden bislang gezählt. Experten gehen davon aus, dass mindestens 15% der Bevölkerung mitmachen müssen, damit die App ihre Wirkung entfalten kann. Diese Schwelle (ca. 12,5 Millionen Nutzer) wurde am 24. Juni überschritten. Nach Schätzungen haben ca. 300 Corona-Infizierte der App mitgeteilt, dass sie positiv auf das Virus getestet wurden.

Funktionsweise der Corona-Warn-App

Das Ziel der Corona-Warn-App ist es, die Rückverfolgung von Kontakten zu erleichtern. Nutzer der App werden gewarnt, wenn sie sich über einen gewissen Zeitraum in der Nähe einer infizierten Person aufgehalten haben. Voraussetzung ist natürlich, dass der/die Infizierte die Information über seinen/ihren Gesundheitsstaus bekannt gibt. Da die Corona-Warn-App nur mit Zufallscodes arbeitet, die von Smartphones untereinander per Bluetooth ausgetauscht und dann temporär lokal gespeichert werden, kann keiner der Beteiligten Rückschlüsse auf Klarnamen oder Standorte ziehen.

Die Nutzung der App ist freiwillig. Im Privatbereich gibt es dahingehend keine Probleme, denn jeder kann frei entscheiden, ob er die Corona-Warn-App installiert oder nicht. Wenn es um die Privatsphäre der Mitarbeitenden geht, hat der Arbeitgeber kein Weisungsrecht. Er kann in seiner Rolle als „Chef“ also keinen Einfluss darauf ausüben, was der Mitarbeiter mit seinem privaten Handy macht.

In der Arbeitswelt sieht das anders aus. Viele Arbeitgeber schätzen die App als sinnvoll ein und empfehlen die Installation auch auf Diensthandys. Das ist sicherlich nicht uneigennützig, da man auf diesem Wege hofft, einem möglichen „Lockdown“ des Unternehmens vorzubeugen. Außerdem ist es generell in ihrem Interesse – auch wirtschaftlich – dass die Mitarbeiter gesund bleiben. Darf der Arbeitgeber seine Mitarbeiter aber dazu verpflichten, die Corona-Warn-App zu installieren?

Es kann natürlich auch der gegenteilige Fall eintreten: Der Arbeitnehmer möchte die App auf seinem Diensthandy aktivieren. Sein Arbeitgeber möchte das jedoch nicht, z.B. aus Datenschutzgründen. Wie sieht dann die rechtliche Bewertung aus?

Diese und weitere arbeitsrechtliche Fragen möchten wir in diesen FAQ ansprechen.

Hinweis: Es hat sich in den ersten Wochen seit der Veröffentlichung der Corona-Warn-App gezeigt, dass es bei einigen Fragen erheblichen Klärungsbedarf gibt. Alles andere wäre angesichts einer solch umfassenden Pandemie aber auch eine große Überraschung.

1. Dürfen Arbeitgeber die Verwendung der Corona-Warn-App anordnen?

Die Datenverarbeitung der App basiert auf Freiwilligkeit – und zwar doppelt. Einerseits steht es jedem frei, die App zu installieren. Andererseits kann der User auch frei darüber entscheiden, ob er eine Coronainfektion tatsächlich meldet.

Zwingt ein Unternehmen seine Mitarbeiter, die Corona-Warn-App zu verwenden, geht die datenschutzrechtliche Erlaubnis der Freiwilligkeit verloren. Auch Anordnungen wie etwa „das Betreten des Büros nur mit aktivierter App“ ist rechtswidrig.

Im Prinzip bleibt den Arbeitgebern nur die Möglichkeit, die Aktivierung und Verwendung der App und die ständige Mitnahme des Diensthandys zu empfehlen. In Unternehmen mit Betriebsrat muss dieser in die Entscheidungsfindung eingebunden werden.

Hinweis: In Berufen des Gesundheitswesens können u.U. weitergehende Regelungen gelten.

2. Dürfen Arbeitnehmer die Corona-Warn-App installieren, ohne den Arbeitgeber zu benachrichtigen?

Falls Unternehmen beispielsweise hinsichtlich des Datenschutzes Zweifel an der App hegen, kommt es auf die Nutzungsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer an.

Besagt diese, dass auch eine private Nutzung gestattet ist und es keiner Zustimmung für die Installation von Apps bedarf, ist keine Benachrichtigung notwendig.

Wurde eine private Verwendung des im Rahmen des Dienstverhältnisses überlassenen Smartphones untersagt, kann es problematisch werden. Eine Information an den Vorgesetzten ist auf jeden Fall ratsam. Hier sollten Arbeitnehmer jedoch das Gespräch suchen, im Idealfall direkt mit der vorgesetzten Geschäftsebene. Weitere geeignete Ansprechpartner wären der Betriebsrat, der Personalrat, oder, falls bereits handfeste Streitigkeiten über das Thema ausgebrochen sind, ein Rechtsanwalt.

3. Haben Arbeitnehmer die Pflicht, dem Arbeitgeber Warnungen der App über ein „erhöhtes Infektionsrisiko“ mitzuteilen?

Der Arbeitnehmer muss das Unternehmen selbstverständlich über eine Infektion mit Covid-19 informieren. Da das Schadenspotenzial für den Arbeitgeber sehr hoch ist (Stichwort: Lockdown) und ein erhöhtes Schutzbedürfnis der restlichen Belegschaft besteht, muss ein begründeter Infektionsverdacht ebenfalls gemeldet werden. Dabei ist es unerheblich, ob dieser durch eine typische Corona-Symptomatik, ein Infektionsgeschehen im Familien- oder Freundeskreis oder via Warnmeldung der App zustande kommt.

Über den reinen Sachverhalt hinaus müssen jedoch keine weiteren Informationen weitergeleitet werden, z.B. über Details bezüglich der Symptome.

Der Mitarbeiter hat demnach seinem Arbeitgeber gegenüber eine Informationspflicht. Andersrum dürfen Vorgesetzte eine Antwort erwarten, wenn sie Angestellte nach einer Coronainfektion fragen.

4. Dürfen Arbeitnehmer bei einer Warnmeldung zuhause bleiben bzw. nach Hause gehen? Was passiert mit dem Gehalt?

Die Warnung über ein erhöhtes Infektionsrisiko beinhalte die Empfehlung, sich so schnell wie möglich Kontakt mit dem Hausarzt, dem ärztlichen Beritschaftsdienst (116 117) oder direkt mit dem Gesundheitsamt in Verbindung zu setzen. Das ist zwingend notwendig, damit das weitere Vorgehen besprochen werden kann.

Ignoriert ein Arbeitnehmer diesen Rat und bleibt zuhause, muss der Arbeitgeber keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall leisten. Ob der Mitarbeiter tatsächlich arbeitsunfähig ist, muss sich ja noch erst herausstellen.

Ordnet das Gesundheitsamt eine Quarantäne an, zahlt der Arbeitgeber weiterhin das Gehalt, wird aber vom Staat entschädigt.

Wird der Angestellte aufgrund von Covid-19 krankgeschrieben, greift die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, auch, wenn er keine Symptome hat.

5. Wie könnte ein „smarter“ Umgang der Arbeitgeberseite mit der Corona-War-App aussehen?

Da eine Anordnung nicht zulässig ist, sollte gemeinsam mit dem Betriebsrat eine Empfehlung zur Nutzung ausgesprochen werden.

Im Rahmen der Empfehlung, die in einer Betriebsvereinbarung verankert werden könnte, ist es wichtig, einen Ansprechpartner zu nennen, der im Falle einer Warnmeldung kontaktiert werden kann – natürlich telefonisch.

Außerdem sollte das Unternehmen bekannt machen, welche Maßnahmen im Falle eines „erhöhten Infektionsrisikos“ getroffen werden könnten. Zu guter Letzt ist es für Arbeitnehmer wichtig zu wissen, wie der Arbeitgeber mit sensiblen Gesundheitsdaten umgeht, nämlich höchst vertraulich.

Solche betriebsinternen Regelungen zeugen im Übrigen davon, dass das Unternehmen das Coronavirus ernst nimmt und sich eingehende Gedanken zum Krisenmanagement macht. Sicherlich kein schlechtes Signal an die Belegschaft!

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